Politischer und Kultureller Zustand der Süd-Aserbaidschaner im Iran

Die Süd-Aserbaidschaner machen laut UN Statistik 37,50% die gesamte Bevölkerung von Iran aus. Aus Gnade und Barmherzigkeit der persischen Regierungen haben die Süd-Aserbaidschaner weder Schulen und Universitäten in ihrer Sprache, noch haben Recht ihre Kultur, Kulturdenkmäler und Natur zu schützen. Süd-Aserbaidschaner haben keinen Recht ihren Kindern aserbaidschanischen Namen geben. Die Name ihrer Ortschaften, Gebirge und Flüssen werden von persischen Regierungen gnadenlos persifiziert, wenn diese Namen einen aserbaidschanischen Ursprung haben. Und ihre Bodenschätze und Rohstoffe werden von persischen Regierungen ausgebeutet und in die persischen Ortschaften zur Weiterbearbeitung transportiert. Sie dürfen im Lande weder Massenmedien, Kulturvereine, Parteien noch religiöse und unabhängige Organisationen von den persischen Regierungen haben. Alle diese Menschheit betreffende Organisationen und Initiative werden als eine Gefahr für persische Regierungen angesehen. Diese Diskriminierungspolitik wird seit 1925 von der Seite der persischen Regierungen auf Süd-Aserbaidschaner ausgeübt.

Kurz über Neugeschichte und Diskriminierung der Süd-Aserbaidschaner in Iran

Die vom Aserbaidschan stammende Qadjarische Dynastie hat bis zum Jahre 1925 in den Geschützten Iranischen Ländern (arabisch: Mamalik-i Mahruse-i Iran) regiert. Da die türkische Dynastien (Qaznaviden und Seldjuken) aus dem Afghanistan heraus die persische Sprache als Sekretariatssprache am Hof in den Geschützten Iranischen Ländern gebracht hatten, behielten Sie und nachfolgende türkische Dynastien das Persisch als Sekretariatssprache am Hof. Obwohl die süd-aserbaidschanische Freiheitskämpfer vom Jahre 1905-1911 von Täbris aus eine konstitutionelle und bürgerrechtliche Bewegung gegen Absolutismus und Diktaturherrschaft führten, schenkten sie keine große Empfindlichkeit gegen das persisch als Sekretariatssprache am Hof. Die konstitutionelle und bürgerrechtliche Bewegung in Süd-Aserbaidschan bestand aus Kaufleuten, Handwerken, Aristokraten und einige Geistlichen.[1]  Ziel der konstitutionellen Bewegung (arabisch: maschrutiyat) war es, die absolutistische Monarchie durch ein Parlamentarisches Föderalsystem (Hākimiyat-i Andjuman-i yālāt wa Vilāyāt) abzulösen und eine moderne Rechtsordnung einzuführen.[2]  Der Bau einer Straße durch Russen von der russischen Grenze (heutigem Nord-Aserbaidschan) bis Täbris (Hauptstadt des Süd-Aserbaidschan) beunruhigte die aserbaidschanische Bevölkerung in Bezug auf den Einmarsch russischer Truppen zur Unterstützung von Muzaffar ad-Din Schah. Die erfolgreiche Russische Revolution von 1905, die Russland eine Verfassung und ein Parlament brachte, ermutigte die aserbaidschanischen Freiheitskämpfer (Mudjashedin)  gegen die russische Bevormundung. Es dauerte nicht lange bis diese Bewegung zur Hauptstadt der geschützten iranischen Ländereien gelang. Mozaffar ad-Din Shah kündigte am 05. August 1906 Wahlen zu einem Parlament (arabisch: Madjlis) an. Dieses trat am 06. Oktober 1906 erstmals zusammen und verabschiedete eine Verfassung mit bürgerlichen Grundrechten.  Nach dem Tod Muzaffar ad-Din Schahs unternahm das Herrscherhaus der Qadjaren mehrere, letztlich erfolglose Versuche, das Parlament gewaltsam aufzulösen, die Verfassung außer Kraft zu setzen und zur absolutistischen Monarchie zurückzukehren.  Am 9. Oktober 1908 griffen die aserbaidschanischen Freiheiskämpfer  mitten in der Nacht die Regierungstruppen in Täbris an und brachten ihnen erhebliche Verluste bei. Bereits am 12. Oktober hatten die Aserbaidschaner  ganz Täbris wieder unter Kontrolle. Militärgouverneur Eyn-al-Dowleh wurde nun vom Schah vor die Wahl gestellt, entweder Sattar Khan in Täbris zu besiegen oder zurückzutreten. Da ein Sieg völlig ausgeschlossen war, trat Eyn-al-Dowleh zurück. Die konstitutionelle Bewegung übernahm wieder die Verwaltung von Täbris. Auch in Teheran begann sich die konstitutionelle Bewegung neu zu formieren, und in allen größeren Städten Militärgouverneur der Geschützten Iranischen Ländern, wie Isfahan, Rascht und Maschhad, versammelte sich die Bevölkerung zu Demonstrationen gegen den Schah. 1909 marschierten aserbaidschanische Freiheitskämpfer unter Führung Sattar Khan und Baqir Khan nach Teheran. Diese Bewegung wurde von Muhammad Vali Tonkaboni (einer Militärführer, der sich zur Freiheitskämpfer  Seite gewechselte) und Loren unter Führung Sardar Asad Bakhtiyāri (von Provinz Lorestan und Tschahār Mahal-i Bakhtiyāri) unterstützt.  In einem letzten Versuch, seinen Thron zu retten, setzte Mohammed Ali Schah ein neues Kabinett ein und erkannte die konstitutionelle Bewegung als einzig rechtmäßige politische Bewegung an. Man begann mit der Ausarbeitung eines neuen Wahlgesetzes, das am 1. Juli 1909 verabschiedet wurde. Damit wurde die politische Vormachtstellung des Adels, der Qadjarenfamilie und der Großgrundbesitzer aufgehoben. Jeder Bürger der Geschützten Iranischen Ländern ausgenommen Frauen, Kriminelle, Betrüger und geistig Behinderte war von nun an, ab einem bestimmten Alter wahlberechtigt bzw. konnten sich als möglicher Abgeordneter zur Wahl stellen.  Trotz dieser Wahlrechtsreform marschierten die Freiheitskämpfer der konstitutionellen Bewegung weiter Richtung Teheran. Die Besetzung von Qazvin, das nur 200 km von Teheran entfernt ist, durch die Truppen Sepahdars (ein Militärführer) löste bei Muhammed Ali Schah, dem Qadjarenhof und der russischen und britischen Botschaften einen Schock aus. Der russische und der britische Gesandte entwickelten gemeinsam Pläne zur Rettung des Schahs. Sie sandten Unterhändler nach Nadjaf und Kerbela, um die höchste schiitische Geistlichkeit zur Vermittlung zwischen Sattar Khan, Sepahdar und Mohammed Ali Schah zu bewegen. Die Forderung der Freiheitskämpfer war unmissverständlich: Muhammad Ali Schah muss gehen.  Am 22. Juni 1909 standen die Freiheitskämpfer vor der geistlichen Stadt-Qum, die sie am 8. Juli 1909 einnahmen, worauf sie am 13. Juli in Teheran einzogen. Unter Druck der russischen und britischen Kolonialmächte trat am 16. Juli der hohe Rat aus Mitgliedern der Geistlichkeit, des Qadjarenhofes und der persischen Nationalisten zusammen. Zum Regierungschef der neuen Regierung wurde Muhammad Vali Khan Tonkaboni (Militärführer) bestimmt. Noch am selben Tag gewehrte russische Botschaft dem Muhammad Ali Schah Sicherheit. Auf diese Weise der hohe Rat setzte in einer außerordentlichen Sitzung Muhammed Ali Schah zu Gunsten seines Sohnes, Ahmad Schah ab. Ali Reza Khan ªAzud al-Mulk, der über 80 Jahre alte Sohn eines Onkels Naser al-Din Schahs, wurde als Regent bis zur Volljährigkeit Ahmad Schahs eingesetzt. Obwohl von außen gesehen die konstitutionelle Bewegung den Sieg errungen hatte und aserbaidschanische Freiheitskämpfer sich als Sieger fühlten, wurden die Führer der aserbaidschanischen Freiheitskämpfer anhand  einer  geplanten russisch  und britischen Kolonial-Verschwörung in Atabäg Bağı (Park von Atabak) in Teheran eingekesselt und unter Schuss genommen.  Viele Freiheitskämpfer kamen ums Leben und Sattar Khan wurde vom Bein verletzt und unter Druck gab seine Waffe ab. So wurde der konstitutionellen und bürgerlichen Revolutionsbewegung in den Geschützten Iranischen Ländern ein Ende gesetzt. In einem Brief von Seiten der aserbaidschanischen Freiheitskämpfer zum Innenministerium des persischen Irans ist das folgende zu lesen: “Seitdem wir, Freiheitskämpfer der Nation in der Begleitung Majestät Führer Sattar Khan nach Teheran gekommen sind, haben wir seit unserer  Ankunft bis heute weder gegen die Regierung noch gegen die Nation keine böse Tat eingerichtet. 10 Millionen Iranische Nation  und Europa sind Zeuge  unserer Taten. Wir haben viel bemüht und große Dienste geleistet. Wir wissen nicht aus welchem Grund die Regierung und seine Leute auf uns missachten. - Was für eine falsche Tat haben wir arme gemacht? Was für ein Verbrechen haben wir begangen? Wann hat die Regierung und das Innenministerium von uns Waffe verlangt, und haben wir uns widergesetzt? Gegen so viele Dienste und Mühe, die wir geleistet haben, hat man uns in Unglück versetzt. So geht man mit Gast um? Was für ein Sitte und Gebräuche haben Sie? Wenn die Bevölkerung von Teheran am Tag fasten, fasten wir arme vor Gnade der Regierung und deren Leute Tage und Nächte. Vom Hab und Gut hat man uns nur Darlehen zurückgelassen“.[3] So kam in  Iran Anstelle des Absolutismus ein von außen unterstützte persisches System an die Macht, das von russisch und britischen Kolonialmächte unterstützt wurde.  Diese Situation dauerte bis 21 Februar 1921 an. Am 21. Februar 1921 verursachte Großbritanien unter Führung Seyid Ziya Tabatabayi und Riza Khan (späterer Riza Schah Pahlawi) einen richtigen Putsch gegen Qadjaren Dynastie. Auf diese Weise verlosen Aserbaidschaner sowohl ethnisch als auch dynastisch ihre politische Macht in Geschützten  Iranischen Ländern bzw. in Iran.

Nachdem die persischen Nationalisten unter Führung Riza Schah im Jahre 1925 an die Macht kamen, bauten Sie in Bezug auf Persisch ein persisches System auf. Auf diese Weise, alles was mit Persischem nicht übereinstimmte, musste es zugrunde gerichtet werden. In Bezug auf ethnische und nationale  Identität fanden arabische und aserbaidschanische Ethnien keinen Schutz vor Persischen Rassisten, deren Vorwand lautete: Die türkische und arabische Sprachen gehören nicht zu iranischen und arischen Sprachgruppe.[4]   Die persischen Rassisten betrachten heute noch die einheimischen und nicht persischen Sprachen als eine Gefahr für Einheit der iranischen Staatsnation und diskriminieren deren Sprecher. Durch diese Diskriminierung und nationale Identitätsterror ist  unter nicht Persern  eine Art Persischer Kulturrassismus entstanden. Die Kulturrassisten unterscheiden sich kaum von den persischen Rassisten. Persischer Rassismus und persischer Kulturrassismus taucht oft in Gestalt des persischen Kolonialismus, so dass andere Ethnien und deren Kultur sowohl von der persischen Regierung als auch Rassisten und Kulturrassisten verleugnet werden. Nun möchte ich Beispiele aus der entstandenen kulturrassistischen und kolonialistischen Literatur auf die Bühne bringen. Mahmud Afschar Yazdi schreibt:

“Um sich vor äußere und innere Gefahr zu schützen und dauerhaft regieren können, muss die iranische (persische) Regierung die Einheit der persischen Sprache durch Assimilierung anderen Ethnien vervollständigen“.[5]

Mahmud Afschar Yazdi betrachtet die Aserbaidschaner als innere Gefahr unter dem Stichwort  gelbe Gefahr“ und Araber unter dem Stichwort “grüne Gefahr bzw. schwarze Gefahr“.[6]

Mahmud Afschar Yazdi schreibt in einem großen Artikel über Vervollständigen der persischen Nation weiter: “Paragraph -3: Aserbaidschanische und arabische Ethnien müssen zum Zentrum des Irans und persisches zu deren Heimatsorte evakuiert werden. Das ist der erste Schritt zum Zustandebringen einer gemischten Gesellschaft. Wenn die wirtschaftliche Bedingung der Regierung erlaubt, muss die Regierung aserbaidschanische und arabische Bevölkerung in anderen Gebieten evakuieren und sie persifizieren lassen. Wenn andere Probleme auftaucht (wenn die Vertriebene Heimweh haben und auf der Flucht sind), macht das nichts aus.  Irgendwo, wo  diese Menschen Platz bekommen, wird dieses Ort deren Heimat“.[7]

“Paragraph – 4: … Die Namen Aserbaidschan und Arabistan (die heutige Provinz Khuzistan) muss durch die Teilung dieser Gebiete aus dem geographischen Iran verschwindet werden. Bei der Teilung dieser Gebiete muss politische Faktur zur Einheit der monoethnischen Nation in Betracht gezogen werden. Wie möglich muss diese Gebiete in kleinen Einheiten und zum Dienste der (persischen) Politik aufgeteilt werden“.[8]

Die entstandene Kolonialliteratur  gegenüber nicht Persischen Ethnien bewirkt sich auch auf die Parlamentsabgeordneten. Musa ar-Riza Sarvati, ein Abgeordnete im islamisch- und iranischen Parlament äußert sich gegenüber die aserbaidschanischen Abgeordneten wie folgt:

“Anstatt der Umgebung des Urmiye-See liegende Bauern zu entschädigen, muss die Regierung zu den Bauern finanzielle Hilfe leisten und sie wo anderes evakuieren lassen. Auf diese Weise muss diese Bevölkerung sich mit einem anderen Beruf beschäftigen. Warum verurteilen Sie aus ihrem Empfinden die Regierung, wenn Sie glauben, dass Urmiye-See in zwei Jahren verdorren kann? Warum?? “.[9]

 



[1]  Ahmad Kasrawi, Tarikhe Hidjdeh Sāle-i Āzarbai¤ān (18 Jahre Geschichte des Aserbaidschans), Teheran, 2007.

[2] S. o.

[3] ªArz-i Hāl-i sawārān wa Hamrāhān-i Āqāye Sardār-i Milli, Numreh Nāmeh: 8809, Muwarrikheh-i 14 Šawwāl 1328 (Donertag 19 Novamr 1909) Gan¤ineh Asnād-i sāl-i awwal, Daftar-i Dowwum, Teheran 1370 (1990).

[4] Mahmud Afschar Yazdi, Zeitschrift Āyandeh, 2. Bd., 2. Auflage, Teheran, 1972, S. 565-566.

[5] S. o. S. 566

[6] S. o. Khatarhāye Siyāsi (die politische Gefahren), S. 921- 929.

[7] S. o. S. 566.

[8] S. o. S. 566.

[9] Musa ar-Riza Sarvati, Khabar-Online (Online Nachrichten), Dienstag 23.08.2011: : http://iwww.khabaronline.ir/news-168160.aspx

 

 

Dr. Isiq Sönmäz, Köln, 31.08.2011